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Reisetagebuch Frankreich 2013: Épernay & Hautvillers

IMG_4926Es ist immer noch Reisetagebuch da! 🙂

Épernay, als Stadt des Champagners und Hautvillers als Wiege des Champagners sind unsere Ziele.

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In Épernay fahren wir durch die lange prächtige Straße, an der alle großen Champagnerkellereien ihre Dependancen haben. Alles Prachtbauen, die sogleich eine große Portion Tradition mitliefern. Nein, der Champagner gehört wirklich hierher, wo sonst sollte man ihn produzieren und verpacken? Genießen kann man ihn selbstverständlich überall.

Unsere Vermieterin macht den Vorschlag, mit dem Petit Train bei Mercier in den Campagnerkeller einzufahren. Das klingt gut. Durch meine Fortbildungen und Übersetzungsübungen beim dt.-frz. Jugendwerk ist mir die Schaumweinproduktion nicht unbekannt. Selbst auf Französisch mangelt es nicht an Wortschatz, doch für ein kleines Update erscheint uns das als ein guter Plan. Wer die Familie Dirks außerdem kennt, der wird wissen, dass eine Wanderung durch die Weinberge keine Sache ist die wir uns für unseren Urlaub vorstellen können und möchten. Aber so ein Zugding, das ist gut. Hinsetzen, etwas sehen und hören. Guter Plan.

Ebenso großartig, wie die Franzosen es verstehen, ihre Museen zu inszenieren, versteht sich die Firma Mercier darauf, ihre Champagnerführung zu inszenieren. In der Beraterszene würde man ob der Geschichte, die in diese Führung eingebettet ist laut „Storytelling!“ quieken und sich die gestreifte Beraterkrawatte noch mal ausrichten.

Ich finde es einfach nur toll! So führt uns am Anfang ein großer Fahrstuhl etwa 37 m nach unten in den Felsenkeller, weil dort die Fahrt mit dem lasergesteuerten Zug beginnt. Mit diesem Zug starten wir die Reise in einen Teil des etwa 18 km umfassenden Tunnelsystems. Cool! Lasergesteuert. Das ist ja fast wie bei Raumschiff Enterprise. Ähnlich dunkel wie im Weltall ist es dort unten. Klar, dass ich dort kein Foto mache, denn ohne Blitz sieht man nix und mit einem einfachen kleinen Blitz sieht das nun mal doof aus. Denke ich noch, als um mich herum die Handys der anderen Touristen blitzen, die die wirklich schönen Fahrstuhltüren und den Laserzugbahnhof fotografieren.
Alles, während die Frauenstimme in meinem Kopfhörer vor der Abfahrt mitteilt, dass das Fotografieren mit Blitz hier verboten sei, weil sonst der Laserzug vom Wege abkäme. Wir müssten dann hier unten alle verhungern, oder so. „Nur verhungern, nicht verdursten.“, denke ich, denn überall liegt der Champagner herum. Da könnte man ja notfalls mal den Durst löschen, bis der Rettungstrupp eintrifft.

Der Mann vor mir fummelt im Halbdunkel an der ISO-Einstellung seiner Kamera herum und beginnt ALLES zu fotografieren, während sich der Zug in Gang setzt. Muss ja jeder selber wissen. Vielleicht will er sich auch so einen coolen Keller bauen.
Wir fahren immer wieder an schönen großen Reliefs vorbei, die kunstvoll in den Fels gemeißelt und indirekt beleuchtet sind. Sie erzählen Geschichten von Weintrauben und Lebensfreude. Toll!
Die Stimme im Kopfhörer sagt, dass sie nicht nur dazu dienen, die Touristen zu erfreuen, sondern auch der Orientierung der Mitarbeiter. Außerdem verschönern Sie den Arbeitsplatz der Mitarbeiter. Das ist ja wirklich nett. Schließlich gibt es hier viel zu tun, denn der Champagner muss immer wieder in die Hand genommen werden. Ein ziemlicher Aufwand, diese Herstellung. Wen wundert es da noch, dass die Flasche nicht im Ausverkauf erhältlich ist? Also so ein Champagner ist schon seinen Preis wert.

Nach der Fahrt im Zug haben wir viel über Champagner und auch über das legendäre Marketing bei Mercier gelernt. Wusstet Ihr, dass Sie sowas wie der erste Sponsor bei der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 waren? Dass sie dort außerdem mit einem großen Werbeballon für viel Aufsehen gesorgt haben und dann ist da noch das große Fass, das sie damals dorthin mitgeschleppt haben. Das kann man noch heute bestaunen. Sowas hatte es bis dahin noch nie gegeben. Sehr empfehlenswert.
Klar kann man am Ende der Reise auch den Champagner probieren. Eine Sorte ist im Preis mit drin. Wer mehr Sorten probieren will, der kann die Dégustation deluxe buchen, bei der man bis zu 3 Sorten Champagner testen kann. Allerdings sollten Sie auch immer überlegen, wer hinterher das Auto fährt.

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Auf unserem Reiseplan steht das Champagnerdorf Hautvillers. Hier, erzählt man sich, habe ein gewisser Dom Perignon den Champagner erfunden. Darüber streiten sich die Experten. Ich halte mich raus und fotografiere den Weinberg.

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Es ist wahnsinnig heiß und uns steht der Sinn nach einem Café oder einem Eiscafé. Wir wollen gleich noch zu einem Champagnerproduzenten, den mir ein Freund empfohlen hat. Wenn ich da noch weiteren Champagner konsumiere, dann werde ich womöglich grölend und randalierend durchs Dorf laufen. Da wäre vorher ein Kaffee oder ein Eis mit Kuchen hilfreich.

Wir sehen uns auf dem Marktplatz um. Nix. Nur ein Restaurant, das aber nur bis 14 Uhr geöffnet hat. Es ist 14:30 Uhr. Aber die Touristeninfo ist geöffnet. Ich frage in fehlerfreiem Französisch nach einem Tipp für ein Café. Drei verstörte Augenpaare blicken mich an, sie gehören zwei Mitarbeiterinnen und einem Einheimischen, die ich gerade bei einem Gespräch unterbrochen habe, um eine wirklich blöde Frage zu stellen. Zumindest signalisieren sie mir das umgehend, denn ein empörter Wortschwall ergießt sich über mich. Man sagt mir, dass heute Dienstag sei, und dass da nachmittags NIEMALS ein Café geöffnet habe. Am Dienstag, also wirklich! Wo gibt’s denn auch sowas? Außerdem gebe es hier gar kein Café mehr. Sie seien ja das Dorf für Champagner, nicht für Kaffee, ergänzt der Einheimische, während er sich für diesen Riesengag auch noch auf den Schenkel klopft. Ich lache höflich über den Sparwitz, denn ich bin ein netter Tourist und mag Frankreich sehr. Manchmal ist es nicht leicht.
Fassungslos schütteln sie immer noch den Kopf. Als ich die Info verlasse. Sicher werden sie ihren Enkeln davon berichten.

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Kannste nix machen. Der Ehemann stellt sich auf eine grölende Ehefrau ein. Er ist der Fahrer und ich gehe in die nächste Runde. Ich probiere mich durch das Sortiment bei G. Tribaut und versuche es systematisch, aber die Produzentin ist so nett und gesprächig, dass ich hier und da immer noch mal neu probieren muss und mein ‚System‘ außer Kraft gesetzt ist. Hihihicks.
Wir kaufen eine Kiste Champagner und eine Flasche ‚Ratafia‚, einen Apéritif aus Most und Marc de Champagne. DAS ist ein leckerer Stoff. Grölen musste ich dann nicht, aber beim nächsten McDonalds sind wir hungrig einfallen. Der hatte auch am Dienstagnachmittag geöffnet. 🙂

Épernay ist sehr interessant und ein Besuch bei Mercier sehr zu empfehlen, um viel über Champagner zu erfahren. Von dort aus könnt Ihr Eure eigene Route planen. Je nach Wunsch solltet ihr dann vorher Termine machen, um Champagner zu probieren, oder für eine Führung durch den Weinberg. Wenn man das mag, so zu Fuß in der Natur. 😉

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