Life!

Mein neues Nerdphone, der Ehemann und ich – Heute: Hungry!

Bei uns zu Hause sind die Rollen ganz klassisch verteilt. Ehemann geht auf die Jagd und bringt die Lebensmittel abends mit nach Hause, ich kümmere mich um das Sammeln der Beeren und Früchte … äh, Schuhe und Handtaschen. Heute heißt das Shopping. Am Wochenende kann das schon mal anders sein. Auch ich muss mal zum Real fahren und ein paar Lebensmittel jagen.

Was hat das jetzt mit meinem Nerdphone zu tun? Es gibt eine App zum Einkaufen: Hungry!
Ich gebe zu, dass ich mich immer ein bisschen lustig darüber gemacht habe, wenn der Ehemann alle Lebensmittel in eine solche App eingefügt hat und dann alles gejagt und nach Hause getragen hat. Nie hat er irgendwas vergessen, alles perfekt. Ich vergesse auch mit einem Einkaufszettel die wichtigsten Dinge zu besorgen.

Heute soll ich einkaufen. Sicherheitshalber beschließe ich, einen Einkaufszettel zu schreiben. Irgendwas hält mich davon ab. Ich erinnere mich plötzlich an ganz alte Zeiten. Auf meinem alten Palm, damals vor 10 Jahren, hatte ich auch so ein Programm (damals hatte man noch Programme!). Das hieß: Shopping-List. Völlig falscher Name, wenn Ihr mich fragt. Shopping, so ganz deutsch betrachtet ist es das, was Spaß macht. Stundenlang durch die Einkaufsstraße laufen, wichtige Dinge anschauen und kaufen: Schuhe, Handtaschen, Kosmetik und Bekleidung. Was sonst? Das, was keine Freude macht,  ist der Lebensmittel-Einkauf. Shopping-List, das musste ja schiefgehen, völlig falscher Ansatz, damals. Bäh! Da ist der Name der App ‚Hungry!‘ schon gut gewählt. Hunger zu haben ist mindestens genauso unangenehm, wie Lebensmittel einzukaufen.

Vorsichtig frage ich beim Ehemann an, wo ich denn diese App finde und ob er mir vielleicht die Liste schicken kann, die er sich im Laufe der Zeit erarbeitet hat. Er lässt sich seine innere Schadenfreude nicht ansehen. Bereitwillig erklärt er mir, was zu tun ist und eine gute halbe Stunde später habe ich die App mit allen Einzelheiten auf  meinem Telefon. Stolz laufe ich in die Küche und reiße Kühlschrank und Vorratsschränke auf, um anzuklicken, was wir alles benötigen. Ich fühle mich ein bisschen wie früher im Einzelhandel, wenn ich mit dem MobiDa (dem mobilen Datenerfassungsgerät) Ware nachbestellt habe. Wow, das mache ich jetzt zu Hause mit dem Handy! Nur, dass ich jetzt gleich noch losfahren muss, um das alles einzukaufen. In ein paar Jahren muss ich das wahrscheinlich nur noch alles denken und der Kühlschrank ist wieder voll.

Ich springe ins Auto und fahre los. Ja, ich freue mich darauf, gleich die bunte Liste mit dem kleinen Einkaufswagen oben drüber (süß!) anzuklicken, um die Einkaufsliste abzuarbeiten. Ich schiebe den gelben Einkaufswagenchip (Spielchip?) in den Einkaufswagen und das Spiel kann beginnen. Kurz vor dem Eingang halte ich noch mal inne, schalte das Telefon ein und rufe die Einkaufsliste auf. Sie ist noch da und sogar fast exakt in der Laufrichtung des SB-Warenhauses. Herrlich, ich habe Superman geheiratet!

Ich merke, wie sich meine Laufgeschwindigkeit erhöht. Ich will die Dinge kaufen, die in der Liste stehen. Ketchup – ja, weg. Weintrauben, juchuuh, auch weg. Ananas. Ananas? Wo ist die Ananas? Haben die keine Ananas? Das kann doch nicht sein, auf meiner Liste steht Ananas und die haben keine. Ich nehme Birnen und lege sie in den Einkaufswagen. Die stehen nicht auf der Liste. Dann klicke ich die Ananas weg! Ich schaue mich noch mal vorsichtig um, ob mich auch niemand gesehen hat und eile weiter zur nächsten Station. Es ist ebenso aufregend, wie eine Schnitzeljagd früher. Apropos Schnitzel, die brauche ich auch. Schnell in den Wagen und weggeklickt. Ich werde schneller. Freue mich immer, wenn ich etwas gefunden habe, grinse die anderen Kunden fröhlich an, streiche auf der Liste, bin absolut im Fieber. Denke plötzlich nur noch an den Highscore. Die Zeit läuft, ich werde schneller und schneller. Brillenputztücher. Brillenputztücher stehen noch ganz einsam auf der Liste. Ich bekomme rote hektische Flecken. Wo sind die Dinger? Wo gehören die hin? Ich blicke auf die Liste, ich denke an die Zeit. Suche den Restart-Button, um das Spiel neu zu starten oder mir einen Tipp für den nächsten Schritt geben zu lassen, wie bei Mahjongg. Gibt es nicht. Ich laufe in die Kosmetikabteilung. Brillenputztücher? Laufe zurück zu den Putzmitteln, da zwischen den Fensterputzmitteln stehen sie. Das hat mir jetzt ganz schön den Highscore versaut, vermute ich. Ich springe hoch, greife die Tücher, lege sie in den Wagen und vergesse fast, sie zu streichen. Während ich mit dem Wagen schnell zur Kasse laufe klicke ich sie aus der Liste. „This List is now empty!“ – Fuck, soweit war ich auch schon, das sehe ich, Du Klugscheißer! Wo ist mein Highscore? Ich will sehen, dass SanDi schneller eingekauft hat, als Hedwig58, als Günni_bs oder SusiSonne. Enttäuscht schiebe ich mein Telefon in die Tasche. Schade.

Hier mein Wunsch:
Bitte programmiert doch ein Lob, in dem steht: „SanDi, Du hast 18 Artikel in 20 Minuten eingekauft. Du bist eine tolle Frau!“

Nein, in die Statistik der Leute, die ihre Nerdphones nicht intensiv nutzen, will ich nicht hinein.
Danke, lieber Ehemann! 🙂

voriger Beitrag
nächster Beitrag

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply