Life!

Hot-News: Das Heavy-Metal-Kleid

IMG_0689

Wir bekommen jetzt digitales Fernsehen. IP-TV, sagt der Ehemann. Bei uns ist das gar nicht so leicht. Der Ehemann ist schon ganz gaga von der Sache. Er läuft durch die Wohnung und versucht herauszufinden, woran es denn nun bei diesem Telekom-Dings mal wieder liegt. Es läuft nicht rund, das WLAN, das Fax, die beiden Telefone und das neue Fernsehen.

Der dhl-Mann und seine Kollegen sind schon echte Freunde. Jeden Tag kommen sie mit neuen Paketen, Plugins und Pipapo, die vielleicht unser Problem lösen. Angebot: Falls jemand irgendein Kabel benötigt, das im Zusammenhang mit Internet und TV steht – bitteschön. Einfach klingeln, sicher haben wir es da. Wie die Ludolfs, quasi.

Am Sonntag fragte der Ehemann: „Haben wir sonst noch irgendwo Telefondosen in der Wand?“ – Ich sagte: „Nein.“

Am Montag habe ich ihn gefragt, warum wir das nicht alles ins Wohnzimmer verlegen. Er hat mich angeschaut, als hätte er einen Geist gesehen und geantwortet: „Guter Witz. Wo sollen wir denn das anschließen?“ – Ich sagte: „Na, an der Telefondose hier im Wohnzimmer.“ – „Was? Hier? Wo denn? Ich habe Dich doch gestern gefragt, ob wir noch irgendwo Telefondosen haben.“ – „Na, ich dachte, Du meinst außer im Arbeitszimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer und im Flur.“ – „Was? Im Schlafzimmer auch?“ – „Ja klar, ich dachte, dass Du das gewusst hast.“ – „Nö, woher denn?“ – „Weil wir hier schon seit acht Jahren wohnen, vielleicht?“

Das war wohl alles etwas viel für den Ehemann, der gerade an einem „Es-funktioniert-ganz-sicher-Feature“ herumbastelte. Er warf es in die Ecke, um noch kurz vor Feierabend zum Telekomshop zu fahren, weil der dort einen Splatter besorgen wollte. Ich war erstaunt. Einen Splatter? Sind das nicht Filme?

Als er wiederkam hatte er sich einen weiteren Splitter erkämpft. Splitter? Nicht Splatter, das habe er auch gar nicht gesagt und ich solle ihm mal zuhören, dann hätte er das Problem längst lösen können und wenn er gewusst hätte, dass wir so viele Dosen hätten, dann hätte er sich gar nicht die anderen Gedanken machen müssen. Das sei ja mal wieder typisch weiblich.

Der Splatter-Splitter half nichts.

Der Ehemann dachte weiter nach und informierte sich und bestellte Kabel, die der dhl-Mann brachte und er warf die Kabel in die Ecke und suchte nach neuen Lösungen und er bestellte Kabel, die der dhl-Mann brachte und er warf sie in die Ecke.

Nach einer nahezu schlaflosen Nacht, bei der er sich unaufhörlich im Bett gewälzt, das Wort „Kabel“ gemurmelt und ihm, dem Kabel, ein paar beherzte Boxhiebe erteilt hatte, wachte er auf und pardauz fand er die Lösung. Ja, das Leben kann manchmal so einfach sein.

Das Problem ist mein Kleid. Das Kleid, das ich für die Hochzeit meiner Freundin Heli in der nächsten Woche gekauft habe. Es ist aus schwerer blauer Seide und es hängt an der Tür zum Arbeitszimmer. Ein tolles, ein großartiges Ballkleid. „Dieses Kleid ist Schuld an unserem Problem,“ sagt der Ehemann.

„Das Kleid stört die Leitung.“ Ich liege im Bett, nur ein Auge leicht geöffnet, der Verstand nur ein bisschen wach, ich habe noch keine Brille auf und der Körper an sich schläft noch. Ich überlege, ob ich träume, dass der Ehemann am Fußende sitzt und mir sagt, dass mein Ballkleid die Schuld an unserem Internet-TV-Problem trägt. Während ich mich umdrehe zieht mich der Ehemann am Fuß unter der Decke hervor und wiederholt seinen Verdacht. „Bitte?“ lalle ich, denn mehr geht nicht. „Das Kleid stört unser WLAN.“ – „Bitte? Was’n für’n Kleid?“ – „Das blaue Ballkleid.“ – „Is’ Dir nich’ gut?“ – „Ja, das blaue Ballkleid stört das WLAN. Ich habe einige glitzernde Fäden gesehen. Sicher Silberfäden. Metall, hörst Du, Metall. Das stört. Du hängst es heute Abend woanders hin. Dann ist alles gut.“ – „Metallfäden?“ – Aber er hört es schon nicht mehr, hat fix das Schlafzimmer verlassen. Metallfäden? Ist das Kleid deshalb so schwer. Quatsch, das Kleid ist aus China. Das einzige Metall in diesem Kleid waren vielleicht Stecknadeln im Rohzustand des Kleides. Ich tippe auf Plastikfäden.

„Heute Abend hängen wir das Kleid mal weg, dann wirst Du ja sehen, dass die Verbindung gleich besser ist.“ Dann küsst er mich und fährt beschwingt ins Büro. Ich will noch rufen: „In Deinem Zustand solltest Du nicht mit dem Auto fahren.“ Zu spät.

Ich bleibe ungläubig in der Tür stehen. Ich schaue das Kleid an und schüttle den Kopf. Metallfäden? Wenn ich das Kleid anhabe, dann kann ich bestimmt auch nicht mit dem Handy telefonieren, weil ich keinen Empfang bekomme. Wahrscheinlich werden wir nächste Woche gar nicht tanzen können, weil das Kleid die Schallwellen stört. Wenn Ihr mir eine Lichterkette aufsteckt, dann mache ich eine Lichtperformance.

Ich habe ein bisschen Angst vor meinem Kleid und um den Ehemann.

voriger Beitrag
nächster Beitrag

You Might Also Like

No Comments

Leave a Reply