Ich nähe keine Taschen!

Sage ich immer wieder gerne. Mir ist das viel zu fummelig. Aber dann sind da diese Neugiermomente.

Kennt Ihr das auch? Der Moment, in dem man es doch probieren will. Das passiert mir beim Nähen immer wieder. Wenn’s dann klappt, dann bin ich megastolz. Aber auch beruhigt: Check! Kann ich! Weiter, nächstes Projekt.
Ähnliche Projekte mögen folgen, aber ein Hobby, das mich dazu bringt eine Serienproduktion zu starten? Nö, es gibt ja noch so viel zu entdecken.

Ich mag auch gar keine bunten Taschen, aber in diesem Jahr scheint das doch ein Trendthema zu sein.
Klar, ich mag farbige Sachen, aber so buntes Musterzeug eher nicht. Träume ich doch von ein bis zwei echten Hermes-Taschen einmal in klassisch, einmal in einer kräftigen Farbe, irgendwann im Leben. Seufz! Handtasche ist eben nicht gleich Handtasche.

Bis es mal irgendwann soweit ist, experimentiere ich eben mit diesen Modellen herum. Das ist ja nun etwas ganz anderes. Egal.

Irgendwann begegnet mir in einem kleinen Stoffladen der Hirschstoff von Echino. Ich ärgere mich, dass ich ihn nicht gleich gekauft habe und der geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich will doch keine Tasche nähen. Aber aus diesem Stoff? In meinem Kopf wird diese Idee plötzlich konkret und ich beschaffe Fachliteratur.
Dieser japanische Stoff ist in allen erhältlichen Farben mittlerweile in der DIY-Szene Kult. Wie sonst kann man erklären, dass 20m Stoff innerhalb eines vormittags in einem kleinen Stoffladen ausverkauft sind?

Ich bestelle etwas von diesem Stoff und entscheide mich für einen Schnitt aus einem Buch von Amy Butler. Ich weiß nicht genau, worauf ich mich da einlasse und nach den negativen Erfahrungen mit dem kleinen Stifteetui weiß ich, dass ich viele Flüche und ein Jahresbudget an Geduld benötige, um diese Tasche zu nähen. Aber der Wunsch, das auszuprobieren wächst.

Rückblickend betrachtet war es dann doch gar nicht so schlimm. Klar, der Boden ist megaschief, aber an irgendwas muss man ja die persönliche Handschrift erkennen. Wieder muss ich Euch sagen, dass das ohne den Walker- oder Obertransportfuß gar nicht möglich gewesen wäre. 🙂

Hier ein paar Bilder zum Projekt:

Ich brauche ewig, um die einzelnen Teile zuzuschneiden. Da muss man schon motiviert dranbleiben.

Erster Schritt: Die Biesen an die Blüten nähen.

Ich juble nach jeder fertiggestellten Blüte. Der Ehrgeiz wächst.

Jetzt wird es zum 1. Mal fummelig. Die Blütenblätter müssen auf die Hauptteile genäht werden. Das Material ist verdammt steif und alles, was ich noch nicht vom meinem Nähtisch abgeräumt habe, das fliegt endgültig durch den Raum. Huch!

Jetzt macht sich aber auch bezahlt, dass ich so akkurat zugeschnitten habe. Die Teile passen super aufeinander. Das ist nicht bei allen meinen Nähprojekten der Fall. 😉

Erleichterung!

Damit die „Wildromantik“ noch stärker wird, nähe ich noch den Spitzenreißverschluss ein. Ich kann das nicht empfehlen, weil diese Reißverschlüsse so empfindlich sind.

Aber der passt auch wirklich gut.

Das sieht wie eine richtige Tasche aus. Die Außenhülle ist fertig und ich bin ganz geschafft vom Zerren und Drücken des steifen Taschenkörpers unter der Nähmaschine. Trotz Walker!

Drei Wochen später nähe ich auch endlich das Futter. Hier hätte ich vielleicht einen Expertenrat gebracht. Sagt mal, das ist ja so fummelig und da muss ja auch mit der Hand nähen, habt Ihr das gewusst?

Fertig! Wow!

Dies war der Originalschnitt. Vielleicht nähe ich die doch noch mal in hell. 🙂
Das Buch von Amy Butler könnt Ihr hier bestellen:

Amy Butler’s Style Stitches: 12 Easy Ways to 26 Wonderful Bags    oder auf deutsch:
Amy Butler’s Taschen-Tick: 12 Wege zu 26 wundervollen Taschen von Butler. Amy (2012) Gebundene Ausgabe

 

Ich glaub‘ ich nähe noch die Geldbörse oder das Brillenetui. Ich werde sicher darüber berichten.